In unserer letzten Klausurtagung haben wir uns mit dem Thema Kammer der Zukunft beschäftigt.
Natürlich haben wir uns in diesem Zusammenhang auch die Mitgliederstrukturen der Kammern angesehen und sind im Zuge dessen auf die BAK-Architektenbefragung 2020 (durchgeführt durch Reiß & Hommerich) gestoßen. Diese besagt, dass im Jahr 2018 die Anzahl der männlichen Kammermitglieder bei 66 %, die der weiblichen Kammermitglieder nur bei 34 % lag (s. Abb.).
Wie jedoch statistische Erhebungen zeigen, liegt die Anzahl der weiblichen Absolventinnen des Fachbereiches Architektur bei 58 % und damit deutlich über der Anzahl der männlichen Absolventen mit nur 42 % (s. Abb.).
Es stellt sich also die Frage, warum nur so wenige Frauen den Weg zu uns in die Kammer finden.
Steigt man tiefer in die Materie ein, findet man Untersuchungsergebnisse, welche folgende Sachverhalte beschreiben: Ab dem Alter von etwa 35 Jahren verschwinden tausende gut ausgebildete Frauen vom Markt und landen bestenfalls in der Teilzeit, aus der sie gemäß Studie kaum mehr herauskommen. Etwa 40 % der Frauen arbeiten in Teilzeit, während der Anteil der in Teilzeit arbeitenden Männer bei nur ca. 12 % liegt.
Interessant ist auch der Blick auf die Architekturbüros: Nur ca. 1 % der größten Planungsbüros in Deutschland wird von Frauen geführt und nur in 20 % der kleineren Büros sind Frauen alleinige Inhaberinnen.
Zwar bieten Behörden auf den ersten Blick durch berechenbarere Konditionen für Frauen eine bessere Alternative, den Job mit privaten Verpflichtungen zu vereinen (bzgl. Wiedereingliederungen nach Schwangerschaft oder stabileren Arbeitszeiten), jedoch ist auch hier genauer hinzusehen: Auf den Rängen der Führungspositionen tummeln sich auch hier häufig mehr Männer als Frauen.
Dieses Ungleichgewicht spiegelt sich folglich auch in der Zahl der Kammermitglieder wider.
Betrachtet man die Entwicklung der letzten Jahrzehnte, sind die Chancen für Frauen, Karriere als Architektin zu machen zwar gestiegen, allerdings hat eine solche meist den Preis, Familiengründung, aber auch ganz allgemein die Sorgearbeit von pflegebedürftigen Familienmitgliedern zurückzustellen. Es ist offensichtlich, dass unter dem Berufsethos des Architekten und den u. a. auch damit in Zusammenhang stehenden vorherrschenden Arbeitsbedingungen, gerade die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für viele Frauen problematisch ist. Die Gründe hierfür sind mannigfaltig und das übergeordnete Ziel sollte sein, archaische Rollenbilder zu durchbrechen und Rahmenbedingungen zu schaffen, durch die es Architekten und Architektinnen gelingt, Familie und Beruf erfolgreich miteinander zu verbinden. Hier bedarf es gesamtgesellschaftlich sicherlich vieler neuer Denkansätze in Hinblick auf eine stärkere Flexibilisierung der Arbeitszeiten, Job-Sharing (auch in den Führungspositionen), Gestaltung von Führungsverantwortlichkeiten, Verteilung und Entlohnung von Care-Arbeit und vieles, vieles mehr.
Der Fokus von Politik, Unternehmen und auch von uns Kammern muss zukünftig stärker auf den Bedürfnissen der Frauen liegen. Auch, weil wir uns überlegen müssen, wie wir mit dem Thema Arbeitskräftemangel umgehen wollen. Hier stellen nämlich die in Teilzeit beschäftigten Architektinnen und Ingenieurinnen ein nicht unerhebliches Potenzial dar.
Die AKS möchte ihren Teil dazu beitragen, Architektinnen und Architekturabsolventinnen zu stärken und auf ihren Wegen zum Erfolg zu begleiten.
Daher haben wir uns dazu entschieden, ein Female-Empowerment-Programm zu initiieren, welches neben zahlreichen Fortbildungsangeboten, die explizit auf weibliches Interesse abgestimmt sind, auch das Thema Mentoring beinhalten soll. Zudem möchten wir auch Coachings für unsere Kammermitglieder anbieten, in denen es darum gehen soll, eigene Stärken zu nutzen, Veränderungen zu bewältigen, neue Ziele zu erreichen und eigene Wege zum Erfolg zu finden.
Herzstück unseres Female-Empowerment-Programms ist sicherlich unser Netzwerk „Building Women“.
Dieses Netzwerks soll nicht nur uns Architektinnen, sondern vielmehr allen am Bau beteiligten Frauen eine Plattform bieten, um sich gemeinsam auf Augenhöhe auszutauschen, Kooperationen zu fördern und Sichtbarkeit zu gewinnen.
Denn wer wäre besser dazu geeignet, uns Frauen zu unterstützen, wenn nicht wir selbst!?
Text: Cathrin Moll, AKS-Vorstandsmitglied