Die Vortragsreihe der Stiftung Baukultur machte am 4. Mai in Sulzbach Station. Bei der Stadtführung und anschließenden Podiumsdiskussion wurde deutlich, vor welchen Herausforderungen die Kommunen stehen.
Auf die Kommunen warten in den nächsten Jahren gewaltige Herausforderungen:
Die Klimakrise macht unter anderem eine Umstellung der Wärme- und Energieversorgung nötig. Der innerstädtische Handel kämpft ums Überleben, gleichzeitig herrscht ein Mangel an Wohnraum und neue Verkehrskonzepte müssen ebenfalls entwickelt werden.
Wie muss die Stadtplanung der Zukunft aussehen – ohne dass die Baukultur dabei auf der Strecke bleibt? Mit diesen Fragen befasste sich der zweite Teil der Veranstaltungsreihe „Zeitenwende“ der Stiftung Baukultur, die am 4. Mai in Sulzbach Station machte. Bürgermeister Michael Adam (CDU) lud die Teilnehmer zunächst zu einem Stadtrundgang ein. Von der Aula ging es zur Seniorenwohnanlage
in der Vopeliusstraße. Gemeinsam mit Amtsgericht und Finanzamt bildet der erst vor wenigen Jahren sanierte Komplex ein Ensemble mit stadtprägendem Charakter. Nur zwei Gehminuten entfernt zeigte sich jedoch ein Problemfall: Das ehemalige Schwesternwohnheim ist ein stark sanierungsbedürftiges Baudenkmal, das Adam gerne aus seinem Dornröschenschlaf erwecken würde. Finanzielle Förderungen waren eigentlich schon bewilligt, doch explodierte Materialkosten haben den Umbauplänen vorerst einen Riegel vorgeschoben.
Anders liegt der Fall beim Bahnhof Sulzbach: Das imposante Gebäude gehört nicht der Stadt, sondern einem Investor, der es bisher nicht nutzt. Mit ihm stehe die Verwaltung allerdings in Kontakt, erklärte Adam. Am Knappschaftsklinikum Sulzbach, das gerade umgebaut und erweitert wird, endete die Führung mit einer positiven Note.
Zurück ging es zur Aula zur anschließenden Podiumsdiskussion. Jens Metz von der HTW Saar hatte krankheitsbedingt absagen müssen, stattdessen nahm Alexander Schwehm, Präsident der Architektenkammer des Saarlandes (AKS), neben AKS-Vize Jens Stahnke und Bürgermeister Adam teil. Wie fühlt man sich als Verwaltungschef mit so vielen städtebaulichen Aufgaben vor Augen, wollte Moderatorin Ilka Desgranges zunächst wissen – vor allem vor dem Hintergrund der notorisch klammen Haushaltslage, unter der viele Kommunen ächzten? Diesen durchaus „spannenden“ Herausforderungen stelle er sich gerne, erklärte Adam dazu. Die Stadt setze bei der Finanzierung inzwischen auf eine „Förderlotsin“, die beim Bauamt angestellt ist: „Sie soll die entsprechenden Programme durchforsten, um Fördergelder zu generieren.“ Ohne die sei es schwierig, Projekte umzusetzen, wobei sich die Stadt bemühe, verschiedene Themen „zusammen zu denken“.
Fehlendes Geld dürfe allerdings nicht immer als Ausrede dienen, gab Stahnke zu bedenken:
Viele Maßnahmen ließen sich auch günstig umsetzen. Notwendig sei ein „bedarfsorientierter“ Blick, sprich: „Was braucht meine Stadt, was die Bevölkerung?“ Darauf aufbauend müssten Ziele formuliert werden, bei denen gerade Kommunen natürlich einen langen Atem bräuchten. „Einen Masterplan muss man in der Tasche haben.“
„Die Stadt hat unheimlich viel Potenzial“, betonte AKS-Präsident Schwehm, besonders die Salzhäuser könnten noch stärker Anlaufpunkt sein für kulturelle und künstlerische Veranstaltungen. Beim Gebäudebestand müsse abgewogen werden: Einerseits vernichte jeder Abriss „graue Energie“, sei also eigentlich aus Gründen der Nachhaltigkeit zu vermeiden. Doch gerade geschlossene Straßenzüge wie in der Sulzbachtalstraße könnten mit dem fortschreitenden Klimawandel zum Problem werden – einzelne Häuser abzureißen, um Platz zu schaffen für Luftschneisen und Grünflächen, die zur Kühlung dienen, sei dem Denkmalschutz stellenweise vorzuziehen.
Wohnen in Innenstadtlage könnte laut Schwehm dadurch eine neue Qualität gewinnen. Die Idee des Bürgermeisters, Sulzbach zur Studentenstadt zu machen – schließlich sei die Saar-Uni schnell erreichbar –, wurde zwar durchaus interessiert aufgenommen. Allerdings sah Stahnke hier ein „Image-Problem“,
das nur durch große Vorzeigeprojekte gelöst werden könne. Insgesamt gefielen ihm viele Ansätze, die beim Stadtrundgang zur Sprache gekommen sind. Allein die Umsetzung sollte „radikaler und schneller“ gehen – vor allem im Bereich Verkehrsplanung. „Eigentlich müssen die Autos raus“, betonte Stahnke. Seine Forderung nach großen „Visionen“ für die Stadt wurde von Bürgermeister Adam allerdings gebremst: Schließlich seien der Verwaltung durch diverse Vorschriften die Hände gebunden.
Bei den Wortmeldungen wurde jedoch deutlich: Ein bisschen radikaler dürfen die Lösungen der Zukunft durchaus sein. So forderte ein Zuhörer, keine neuen Wohngebiete mehr auszuweisen, alte sogar aufzugeben, um die Zersiedelung rückgängig zu machen. Nicht der einzige Punkt, der an diesem Abend angesprochen wurde, der wohl auch in Zukunft noch für einige Diskussionen sorgen wird.
Text: Aline Pabst, Saarbrücker Zeitung