Bundesweit fehlen rund 700.000 Wohnungen und in keinem anderen Bundesland gibt es laut einer Studie so wenige Sozialwohnungen wie im Saarland. Der Präsident der Architektenkammer des Saarlandes (AKS), Alexander Schwehm, ist sich sicher: „Wir könnten viel mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen. Dazu braucht es innovative Ideen und die Unterstützung der Bundesregierung. Denn schlussendlich ist es Aufgabe des Bundes dafür zu sorgen, dass Bürgerinnen und Bürger unseres Landes ein Dach über dem Kopf haben.“ Der Kammerpräsident hat Lösungsvorschläge für den bezahlbaren nachhaltigen Wohnungsbau zusammengestellt, die zum Teil auf Ebene der Bundesarchitektenkammer erarbeitet und diskutiert werden. Schwehm ergänzt: „Wir sollten darauf achten, dass sich die Lösungsansätze für bezahlbaren Wohnraum mit denen für mehr Klimaschutz decken.“
Umwidmung/ Umbau erleichtern
Gerade im Saarland überwiegen in den letzten Jahren das Bauen im Bestand und Nutzungsänderungen als Bauaufgaben. Wir leben eine „Umbaukultur“. Der Gebäudebestand bietet für Wohnzwecke ein hohes Potenzial: durch Aufstockungen, Erweiterungen und Umnutzungen (z. B. von Bürogebäuden). Verlängern wir die Lebensdauer unserer bestehenden Bauten und nutzen dabei die im Bestand gebundene graue Energie, verringert dies den Ausstoß von CO2-Emissionen und das Verwenden von knappen Baustoffen.
Die Saarländische Landesbauordnung ließe sich durch einfache Ergänzungen umbaufreundlicher gestalten. Ein Baustein könnte eine sogenannte Experimentierklausel sein, die Abweichungen von technischen Bauvorschriften zulässt, wenn auf andere Weise dem Zweck der Vorschrift nachweislich entsprochen wird.
Gebäudetyp E/ Einfacher bauen
Im Sinne der Umbaukultur steht das normenreduzierte Bauen nach „Gebäudetyp E“. Dieses bundesweit diskutierte Instrument könnte sachkundigen Bauherren und Planenden die Möglichkeit bieten, von technischen Regeln abzuweichen. Dadurch würde das Bauen einfacher, schneller, günstiger und auch architektonisch abwechslungsreicher werden. Das E steht für experimentell und einfach.
Zeit und Kosten ließen sich durch eine minimierte Gebäudetechnik sparen. Weitere Schwerpunkte des einfachen Bauens sind die Verwendung regionaler Bauweisen und Materialien, ein hoher Grad an Vorfertigung von Bauteilen und das Verwenden von so wenig Materialien wie nötig. Bauherren und Nutzer könnten künftig abwägen, ob sie Abstriche im Komfort hinnehmen würden (z. B. beim Schallschutz), dafür aber kostengünstiger bauen bzw. mieten.
Bezahlbarer Wohnraum ist Aufgabe des Bundes
Jedes Bundesland hat seine eigenen Förderkriterien für den bezahlbaren Wohnungsbau. Doch die Bundesregierung hat die Fürsorgepflicht gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern. Alle müssen ein bezahlbares Zuhause finden können. Bundesmittel werden von den Städten und Kommunen oft nicht abgerufen, weil die erforderlichen Eigenmittel fehlen. Dies gilt es zu ändern. Ein Instrument könnte die sogenannte Mitteldurchreichung sein: Der Bund gibt den Ländern Geld für die Kommunen für einen vorher vereinbarten Zweck.
Schnellere Genehmigungsverfahren
Genehmigungsverfahren sollten zügig und kompetent abgearbeitet werden können. Deswegen ist es wichtig, dass die Unteren Bauaufsichtsbehörden ausreichend mit geeigneten Fachkräften besetzt sind. Der Digitale Bauantrag muss konsequent im ganzen Saarland umgesetzt werden. Durch das digitale Verfahren lassen sich je nach Bauvorhaben mehrere Monate im Genehmigungsprozess einsparen.
Grunderwerbssteuer
Die Grunderwerbssteuer hemmt den Wohnungsbau. Die Steuer könnte komplett ausgesetzt werden, z. B. um Familien beim Kauf von Wohneigentum zu unterstützen. Oder sie könnte ähnlich der Spekulationssteuer bei Immobilien pro Gebäude höchstens alle 10 Jahre erhoben werden.
Mietpreisbindung aufheben
Das Verhältnis der Mietpreisbindung und der Förderlandschaft beim bezahlbaren Wohnen funktioniert nicht. Wohnungsgesellschaften und Investoren bekommen einen festen Betrag an Förderdarlehen pro Quadratmeter und dürfen nur einen vorgegebenen Mietpreis verlangen. Dabei fehlt der Anreiz, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Besser wäre es, die Gesellschaften könnten sagen, wie viel sie für eine auskömmliche Miete brauchen und bekämen diese entsprechend bezuschusst. Das würde Investitionen in den Wohnungsbau erheblich steigern.
Text: Kim Ahrend